GRAŻYNA KANIA

 
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ROMEO UND JULIA                                                               zurück


TEATR September 2013

Liebe in Zeiten der Cholera

Magdalena Hasiuk

Kanias Inszenierung (…) handelt von Erfahrungen Dreißigjähriger im heutigen Polen der „A” – Klasse. Nicht nur die Titelhelden sind die Protagonisten, sondern die ganze, in materiellem Luxus erstarrte Gesellschaft, die in existentieller Degeneration und emotionaler Leere getaucht ist. (…) Die Helden kennen die Welt zu gut, haben keine Illusionen mehr. Die Welt in der ihre Eltern ertrunken sind, bietet für sie kein Raum, in dem sie leben könnten oder wollten. (…)

Die Regisseurin hat einen sehr interessanten Aspekt betont, indem sie die Titelrollen charakteristischen Darstellern anvertraut hat. Jacek Beler, der über komisches Talent verfügt und Katarzyna Zielińska, spielen gegen den Typus. Das Ergebnis ist erstaunlich. Noch nie habe ich eine so mädchenhafte und zugleich fürsorglich, intelligente, und auf dem Boden der Tatsachen stehende Julia gesehen, die den Raum für die völlige Entwicklung der Liebe bereitet.

(...) Beler ist kein Liebhabertyp. Sein Romeo kämpft um die Liebe; greift nicht einfach nur zu, als wäre sie etwas Selbstverständliches. In seinem, im Ausdruck überladenen und rabiaten, Benehmen läßt sich leicht der junge Mann entdecken, dem die gesellschaftliche Verwurzelung fehlt. Ausgesprochen modern ist auch Romeos Ungeduld. Wie wir alle verliert auch er gegen seinen Willen die Beherrschung.  Gereiztheit ist ein Markenzeichen unserer Epoche. In Kanias Inszenierung wird er darüber hinaus zum Mörder einer Frau. (…)

Die Bilder männlicher Potenz, Kokain-Konsum, akrobatische Tänze, die an Rausch grenzen, wie auch das erstaunliche Bespielen des Bühnenbodens, mit Purzelbäumen, Ganzkörper-Bohner-Spielen, und delphinartigen Sprüngen, bringen komische Elemente mit sich – zeigen dabei aber auch die beinahe Schwerelosigkeit des darstellerischen Körpers.

Meisterhaft und vielschichtig webt Kania aus Anspielungen und aus dem, was verschwiegen worden ist, die Materie der Inszenierung. Aus dem Zusammenprall der Worte, Gesten und Bewegungen holt sie viel mehr als bloße Selbstverständlichkeiten hervor. In der tragischen Geschichte setzt sie auf komische Elemente. (...) Die besondere Sensibilität der Regisseurin sieht man in einfachen und ausdruckstarken erotischen Szenen, im geöffnet halten der Lippen kurz vor der Berührung des geliebten Gesichts. Zielińska und Beler zeigen die Freude am Lieben, und das zarte Lächeln der Schauspieler verwandelt nicht nur den Bühnenraum. (…)

Gesamttext in Polnisch: in der Zeitschrift TEATR

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POLITYKA, 11.06.2013

Popkulturartiges Mythos der Liebe

Aneta Kyzioł

Auf und um ein riesiges Sofa herum, unter dem monströsen Neonschriftzug LOVE rollt im Theater Powszechny die Geschichte ab, die als ebenso riesiger, popartiger Mythos des idealen Gefühls seit vierhundert Jahren  (...) das Bild der Liebe nachfolgender Generationen prägt.

(...)

Schauspieler dösen auf dem Sofa herum, um im entsprechenden Moment in die Rolle der Protagonisten dieser größten Liebestragödie aller Zeiten zu schlüpfen und sie mit komischer Überzeichnung darzustellen. Gegenüber dem durch Popkultur aufgeblähten Mythos, der zu groß geworden ist, um ihm ohne die Waffe der Ironie zu begegnen, sind sie hilflos. Nach der Erfüllung ihrer Aufgabe verfallen sie in eine Art Lethargie. Auch das ist ein Bild des Menschen, der meint, nur leben zu können, wenn er liebt. Die Liebe, am besten die größte, wahnsinnigste und unglücklichste, ist die Medizin unseres Alltags. (...)

Gesamttext auf Polnisch: http://www.e-teatr.pl

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RZECZPOSPOLITA, 07.06.2013

Julia und Gesindel, also Shakespeare aus Warszawa-Praga

Jan Bończa-Szabłowski

(...) (Die Regisseurin) stellt eine Welt vor, die bar jeden Gefühls im degenerierten Alltag feststeckt, die Welt von Menschen, die keine Perspektiven mehr sehen. Das sehr lange, bequeme Sofa, mit seinen lose verstreuten Kissen, ist der Warteraum des Lebens. (...)

(Julia) gespielt von Katarzyna Maria scheint in dieser Welt eine stark vereinsamte Idealistin zu sein.

Ich weiß nicht, ob das eine feministische Aufführung ist, aber die Frauen haben hier bedeutend mehr zu sagen. Eliza Borowska hat aus der Nebenrolle der Marta, Julias Amme, eine volle Figur geschaffen, eine Frau, die von Leidenschaften zerrissen ist und sehr wohl die Regeln, die die Welt regieren, kennt. (…) Beler hat keine leichte Aufgabe. Er ist weit vom typischen Theaterliebhaber entfernt. (…) Er glaubt nicht an das Gefühl und wenn die Liebe zu Julia ihn beherrscht, versucht er sie vor allem zu schützen; ein Bodyguard des jungen schutzlosen Geschöpfs. (…)

Die Regisseurin (...) fürchtet sich nicht vor der Groteske. Den sinnentleerten Streit beider Familien zeigt sie karikiert als Ringen der Herren Capulet und Montague. (…)

Gesamttext: rzeczpospolita

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Metro, 06.06.2013

Brasilianische Soap-Operas machen keinen Spaß mehr wie früher, sogar Sex ist banal.

Piotr Guszkowski

Mit mit einer guten Konzeption folgt die Regisseurin der Universalität des berühmten Dramas über die Konsequenzen des Zusammenpralls einer wahnsinnigen, jugendlichen Liebe mit destruktivem Haß. Sie unternimmt den Versuch, die Klassik durch das Prisma heutiger Zeiten zu betrachten und bleibt dabei der Shakespeareschen Botschaft treu. Sie überrascht mit köstlichen Anspielungen die sich in Mitten bunter Dialoge verstecken, oder mit kleinen Details in formalen Lösungen. (...)

Anstatt hinter den Kulissen zu verschwinden, bleiben die Schauspieler die meiste Zeit auf einem Sofa sitzen. Sie erwachen aus ihrer Lethargie, einem emotionalen Dahinvegetieren, um noch einmal eine Rolle zu spielen, die sie eigentlich nur ermüdet; wie verzauberte, aus einem Modemagazin herausgeschnittenen Beobachter des Lebens. (...)

Romeo und Julia stecken in einer grauenerregenden Gefühlsleere fest, ohne bessere Vorbilder als die der Fernsehserien oder dem eigenem Zuhause. Sie haben keine Zeit und keine Chance als sich wahnsinnig zu verlieben. Oder um aus Liebe zu sterben, ohne sie eigentlich zu erfahren.

Gesamttext: dziennikteatralny

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TEATR DLA WAS, 03.06.2013

Die Sonne scheint, verhüllt vor Weh, zu weilen.

"Romeo und Julia" in Teatr Powszechny ist vor allem eine Inszenierung die auf der aufmerksamen und tiefgründigen Lektüre des Dramas basiert; mit klarer und harmonischer Komposition und hervorragender Darstellung jedes einzelnen Schauspielers. (...)

Kania flicht sehr gekonnt komische Elemente in die Inszenierung mit ein. (...) Diese heiteren Zwischenspiele, entschlacken geschickt die Inszenierung und entladen die Spannung: besonders leicht und dynamisch sind sie in der Interpretation von Eliza Borowska (Amme) i Jacek Braciak (Lorenzo). Auf diese Weise hält die Warschauer Inszenierung, die irgendwo zwischen dem Unheimlichen und dem Vergnügen balanciert, nicht nur die Konzentration der Zuschauers gefangen, sondern läßt auch allen ihren eigenen Raum. (...) Selbst die kleinste Rolle in Teatr Powszechny hat ihren eigenen Platz im Netz der Komplikationen und beweist die Notwendigkeit ihrer Präsenz auf der Bühne. (...)

Gesamttext auf Polnisch:  e-teatr.pl

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TEATR DLA WAS, 01.06.13

Man kann immer noch aus Liebe sterben

Marek Kubiak

Auf der Bühne leuchtet der riesige Schriftzug LOVE und da ist ein weißes Sofa. Darauf fallenlethargisch die Vertreter der legendär verkrachten Familien und warten: Eine Landschaft wie aus einem „Warteraum Liebe“. (...)

Schon lange gab es eine solch frische, ja, mit Blut pochende und natürliche Klassikinterpretation in heutigem Theater nicht mehr zu sehen. (...)

Kanias Aufführung lebt vom Detail – es gibt so viele Köstlichkeiten, kleine Gesten, unaufdringliche Anspielungen und feine Ideen, die sich konsequent zu einem imponierenden schlüssigen Ganzen fügt das eine im kleinsten Detail durchdachte und konsequent durchgeführte Vision der Regisseurin ist. (...)

Kania und ihr Ensemble beweisen unwiderlegbar, daß die im Warteraum der Liebe verbrachte Zeit nicht verschwendet ist.

Gesamttext auf Polnisch: e-teatr.pl


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